Das DKThR schließt sich der Kritik an der Gebührenordnung der Tierärzte an. Das DKThR stellt dabei klar, dass es ihm als Fachverband für pferdgestützte Therapie und Förderung in der Kritik an der Auslegung der GOT um die pauschale Einordnung des Pferdes als “nicht landwirtschaftlich genutztes Tier” und um die Hausbesuchspauschale geht.
Soenke Lauterbach bezieht Stellung zur GOT
Warendorf (fn-press). Alles wird zur Zeit teurer – und ganz besonders gestiegen sind nun auch die Tierarztrechnungen. Das liegt an der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die seit November 2022 gültig ist. Auch wenn ein gewisses Verständnis dafür besteht, dass eine Anpassung nach 20 Jahren notwendig war, übt Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), doch deutliche Kritik.
„Wir als FN wurden in die Erarbeitung dieser neuen Gebührenordnung nicht einbezogen und hatten leider keinerlei Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Ausgestaltung der GOT. Als Vertreter aller Pferdesportler, -halter und -züchter können wir einige Auslegungen der GOT durch die Bundestierärztekammer e.V. (BTK) nicht unterstützen und mittragen. Das betrifft unter anderem die pauschale Einordnung des Pferdes als ‚nicht landwirtschaftlich genutztes Tier‘ und die damit einhergehende Hausbesuchspauschale“, kritisiert der FN-Generalsekretär.
Zur Erklärung: Bei der Gebührenordnung für Tierärzte handelt es sich um eine bundesweit gültige Rechtsvorschrift. Tierarztpraxen sind an die GOT gebunden und müssen ihre Abrechnungen im Rahmen dieser Vorgaben gestalten. Im Juli 2022 hat der Bundesrat die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erarbeite Neufassung der GOT beschlossen. Seit dem 22. November 2022 ist diese gültig.
Soenke Lauterbach bezieht im Interview Stellung zur neuen Gebührenordnung für Tierärzte:
FN-aktuell: Wie steht die FN grundsätzlich zur neuen GOT?
Soenke Lauterbach: „Eine Novellierung der alten GOT, die seit 1999 keine grundlegenden Anpassungen erfahren hatte, war unausweichlich. Eine zukunftsfähige Aufstellung der Praxen ist wichtig für die Aufrechterhaltung und Verbesserung der tierärztlichen Versorgung unserer Pferde auch im Notdienst und an den Wochenenden. Das Ziel, den einfachen Abrechnungssatz kostendeckend zu gestalten, ist legitim. Auf Grund der Tatsache, dass es in den letzten gut 20 Jahren keine kontinuierlichen und in anderen Branchen üblichen Preisanpassungen gegeben hat, ist der Preissprung für die Kunden jetzt allerdings zum Teil erheblich.“
FN-aktuell: War die FN in die Überarbeitung der GOT eingebunden?
Lauterbach: „Nein, die FN war in die Abstimmung der Entwürfe nicht involviert und hatte keine Möglichkeit zur Einflussnahme.“
FN-aktuell: Welche konkreten Punkte werden von der FN kritisiert?
Lauterbach: „Die FN kritisiert verschiedene Punkte im Zusammenhang mit der neuen GOT 2022.
Zum einen lehnen wir die Erhebung einer pauschalen Hausbesuchsgebühr für jeden Besitzer ab, dessen Pferd an einem Stall durch den Tierarzt untersucht beziehungsweise behandelt wird. Der Pferdepraktiker ist üblicher Weise darauf ausgelegt, als Fahrpraxis unterwegs zu sein. Das heißt, ein Einbestellen der Pferde in die Praxis ist in der Regel gar nicht möglich oder vorgesehen. Deshalb sieht die GOT die Berechnung eines Wegegeldes von 3,50 € pro Doppelkilometer vor (mind. 13 € pro Pferdeeigentümer). Die FN fordert die Rücknahme der Hausbesuchsgebühr für die Pferdefahrpraxis.
Damit im Zusammenhang steht die pauschale Einordnung des Pferdes als ‚nicht landwirtschaftlich genutztes Tier‘, die die FN vehement ablehnt. Die Kosten für eine Behandlung von Nutztieren sind niedriger als die Kosten für Haustiere. Bereits in der bisherigen GOT war es für die Behandlung von Pferden möglich, auch den zwei- oder dreifachen Gebührensatz abzurechnen. In Abhängigkeit von dem Zeitaufwand der Behandlung, dem Wert des Tieres sowie weiteren Faktoren, ist eine Unterscheidung des Pferdes von anderen Nutztieren (z.B. Schweinen oder Rindern) und der damit einhergehende größere Spielraum des Tierarztes bei der Rechnungsstellung durchaus legitim. Die FN wehrt sich jedoch deutlich gegen die falsche Einordnung der BTK, nach der das Pferd kein landwirtschaftliches Nutztier darstellt. Das widerspricht der klaren Einordnung des Pferdes als landwirtschaftliches Nutztier, beispielsweise im EU Recht. Die fehlerhafte Auslegung der BTK führt unter anderem dazu, dass eine tierärztliche Behandlung auf einem Pferdebetrieb mit dem im Normalfall nicht vorgesehenen Hausbesuch eines Kleintierpraktikers gleichgesetzt wird und sorgt für eine weitere Erhöhung der Tierarztkosten.“
FN-aktuell: Welche Auswirkungen auf die Vergütung des Turniertierarztes hat die GOT 2022?
Lauterbach: „Die Gesellschaft für Pferdemedizin (GPM) und Arbeitsgruppen und Ausschüsse der BTK fordern auf Grund der Tätigkeit am Wochenende („Notdienst“), mindestens den zweifachen Satz für die Turnierbetreuung zu berechnen. Allerdings fällt bei geplanten Tätigkeiten am Wochenende auch keine Vergütung im Sinne eines Notdienstes an, zum Beispiel wenn eine reguläre Sprechstunde am Samstag angeboten wird oder ein vereinbarter Termin am Wochenende stattfindet. Die FN fordert analog dazu, dass ein rechtzeitig im Voraus vereinbarter Turnierdienst durch den Turniertierarzt nicht mit dem zweifachen Satz abgerechnet werden muss, sondern der einfache Satz greift.“
FN-aktuell: Welche Tipps gibt die FN den Pferdesportlern und Pferdebesitzern, um bestmöglich mit den erhöhten Kosten durch die GOT umzugehen?
Lauterbach: „Grundsätzlich gilt, dass der Tierarzt möglichst innerhalb der normalen Arbeitszeiten kontaktiert werden sollte. Gibt es ein Problem mit dem Pferd, sollte dementsprechend frühzeitig Kontakt zur Tierarztpraxis des Vertrauens aufgenommen werden. Wochentags vor 8 Uhr und nach 18 Uhr sowie an den Wochenenden besteht gemäß GOT die Pflicht für den Tierarzt, eine Notdienstgebühr zu erheben sowie alle Leistungen mindestens mit dem zweifachen Satz abzurechnen.
Die Aneignung eines guten Basiswissens zur Pferdegesundheit ist generell sinnvoll und hilft im Ernstfall dabei, eine Bagatellverletzung bzw. Krankheitsbilder, die keine sofortige tierärztliche Behandlung am Wochenende beziehungsweise im Notdienst erfordern, von einem dringenden Notfall (z.B. Kolik, Augenverletzungen, starke Blutungen, allergische Reaktionen, Nageltritt) abzugrenzen. Im Zweifelsfall sollte aber immer ein Tierarzt hinzugezogen werden. Ist eine Rechnung nicht nachvollziehbar, raten wir dazu, die Tierärztin oder den Tierarzt darauf anzusprechen.“
FN-aktuell: Wie setzt sich die FN an dieser Stelle für die Interessen der Pferdesportler, -besitzer und -züchter ein?
Lauterbach: „Die FN hat bereits Gespräche mit der BTK geführt und fordert eine Klarstellung beziehungsweise Anpassung der fraglichen Punkte. Außerdem führen wir Gespräche mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Schließlich liegt die GOT in dessen Verantwortungsbereich und das BMEL muss auch die bindenden Vorgaben machen.“
Text: fn-press, Eva Borg